Vor der Verhandlung
Sie haben 10.000€ und wollen einen Porsche Cayman kaufen. Sie suchen einen Porsche Caymen aus den Angeboten heraus. Sie fahren nun also zum Händler, schauen sich den Wagen an, alles tippitop. Sie: „Wieviel kostet der Wagen?“ Händler: „10.000€“ Sie: „ Alles klar, deal!“ Sie fahren nach Hause. Ein perfekter Deal oder? Sie haben genau dass bekommen was sie wollen, richtig? Trotzdem wird dieses Gefühl in ihnen wachsen, sie hätten das Auto doch herunterhandeln können, stimmt eventuell was nicht mit dem Motor und sie haben es nicht gemerkt? Ihr Kollege wollte den selben Wagen und hatte auch c.a 10.000€ zur Verfügung. Der Händler wollte zuerst 16.000€ doch er hatte nicht mit ihrem Kollegen, dem alten Fuchs gerechnet. Am Ende war der umkämpfte Preis 10.000€. Wer von ihnen beiden fühlt sich jetzt schlechter? Richtig, Sie. Warum? Willkommen in der Verhandlungspsychologie.
Fakt ist: Wir verhandeln täglich. Mit Freunden, Kollegen, Der Partnerin, dem Blumenhändler oder dem Chef. Mal wieder den Müll rausgebracht, den Hund gewaschen und trotzdem noch zum Einkaufen gemusst? Am Ende zuviel gezahlt? Der folgende Artikel gibt Einblick in die Basics der erfolgreichen Verhandlungsführung.
Vorbereiten, vorbereiten, Vorbereitung!
Mindestens eine Person im Team (oder man selbst, sollte man alleine verhandeln) muss jeden Aspekt des Deals bis ins kleinste Detail kennen. Die folgenden Schritte sollten bei einer guten Vorbereitung auf keinen Fall fehlen.
- Sammle Fakten (und forme ein Team mit ausreichender Authorität).
- Mache klar, wer welche Aufgaben während der Verhandlung erfüllt.
- Definiere über was du bereit bist zu verhandeln und den Wert dessen, für deinenGegenüber.
- Habe eine starke BATNA.
- Definiere die Ziele der Verhandlung für dich und deinen Gegenspieler. VersucheÄhnlichkeiten und Unterschiede auszumachen.
BATWAS?
„BATNA“ steht für „Best Alternative To a Negotiated Agreement“. Damit gemeint, ist die beste Alternativoption, falls es bei einer Verhandlung nicht zu einer Einigung kommt.
Stell dir vor du bewirbst dich um einen Job. Du sitzt im Bewerbungsgespräch und das Thema Gehaltsvorstellung kommt auf. Mit einem Angebot eines anderen Unternehmen in der Tasche, hast du nicht nur einen Referenzrahmen für dein minimal bzw. maximal – Ziel, sondern kannst auch mit viel mehr Selbstbewusstein und ohne Scheu argumentieren. Die BATNA ist der Plan B. Ohne Alternative werden wir von unserem Gegenüber abhängig und haben keine Chance auf eine erfolgreiche Verhandlung. Der Personaler kann dir einen Vertrag vorlegen und du hast die Wahl: „Take it or leave it“(siehe weiter unten).
Während der Verhandlung:
Das generelle Auftreten während einer Verhandlung kann sehr unterschiedlich ausfallen. Wichtig hierbei ist, eine generelle Vorstellung zu haben was der Gegenüber erwartet und was er sympathisch findet, bei gleichzeitiger Authentizität des eigenen Verhaltens. Out of the box heißt das: „ Sei du selbst, aber übertreib es nicht“. Mit Anzug und Krawatte zum WG-Vorsprechen ist genauso unpassend wie in Jogginghose zum Arbeitgeber. Solltest du Zweifel haben was angemessen ist, kleide dich lieber formell. Zur Not wird das Hemd aus der Hose getan und die Krawatte verschwindet in der Laptoptasche.#
Kulturelle Unterschiede:
Die Graphik unterhalb, gibt dir Aufschluss über bervorzugte Verhaltensmuster je nach Kultur. Meinen Blogeintrag, der sich speziell mit diesem Thema befasst, findest du hier:
( Quelle: https://hbr.org/2015/12/getting-to-si-ja-oui-hai-and- da?utm_campaign=HBR&utm_source=facebook&utm_medium=social)
Take it or leave it:
Wie der Name schon impliziert, kannst du deinem Verhandlungspartner ein vorgefertigtes Angebot vorlegen. Dieses kann er annehmen oder ablehnen worauf keine Verhandlungen mehr erfolgen. Das Angebot sollte sich im fairen Rahmen bewegen und Punkte enthalten, die der anderen Partei wichtig sind. Erinnere dich daran, dass beide Parteien mit dem Deal einverstanden sein müssen, und das nicht nur formell. „Take it or leave it“ ist besonders stark wenn dein Gegenüber keine starke BATNA vorweisen kann.
Bogey:
Der Bogey appelliert and die emotionale Seite des Verhandlungsgegners. Du trittst locker und freundlich auf, redest über aktuelle Themen und das Wetter. Alles wäre perfekt, gäbe es da nicht noch eine Sache in diesem Vertrag, die geändert werden müsste…
Win-Win:
„Da wo es einen Gewinner gibt, muss es auch immer einen Verlierer geben“. Stimmt nicht ganz. Findest du ähnliche Interessen beider Parteien, vor oder während der Verhandung, kannst du darauf aufbauen. Biete Leistungen an, die für deinen Partner enorm wichtig sind und für dich keine großen Unkosten erzeugen. Ja die gibt es! Dein Ziel ist, dass beide Parteiien zufrieden aus der Verhandlung gehen. Kommunikation und Flexibilität sind hier wichtig. Wenn du merkst, dass sich beide Seiten an einem Punkt festgefahren haben, biete eine andere Win-Win Situation an. „ Uns ist dieser Punkt sehr wichtig, ich würde gerne später nochmal auf ihn zurückkommen. Ich habe vor dem Gespräch nochmal mit meinem Chef gesprochen und ihn dafür gewinnen können, die Lieferzeit um 20% zu reduzieren.“
Foot in the door / Door in the face:
Beginne deinen “Fuß” in die “Tür” zu setzen, indem du kleine Unstimmigkeiten ansprichst. Werden diese gewährt, fahre die größeren Geschütze aus.
Oder umgekehrt:
Beginne mit einer zu hohen Forderung und lasse dich bis zu deinem eigentlichen Ziel herunterhandeln.
Achtung! Studien mit Immobilienmaklern haben gezeigt, dass die ersten Angebote einen Rahmen um die Verhandlung setzen, der nur noch selten durchbrochen wird. In einem Versuch wurden hauptberuflichen Immobilienmaklern Objekte gezeigt, die sich in teilweise viel zu niedrigen und teilweise viel zu hohen Preiskategorien bewegten. Trotz der expertise der Makler und dem Bereitstellen aller nötigen Informationen zu den einzelnen Objekten, konnten sie sich in ihren Einschätzungen des „wahren“ Wertes nicht von dem Erstpreis lösen.
Trick 17 :
- Lasse sie warten! Besonders in der chinesischen Verhandlungskultur ist dieses „Stilmittel“ äußerst beliebt. Deleganten werden erst nach mehreren Tagen von ihrem Hotel abgeholt, die Verhandlungen werden zähflüssiger geführt als gefrorener Honig fließen kann und für nähere Beziehungen muss man sich tagelang unter den Tisch trinken.
- Bring eine dritte Partei mit ins Spiel. „Mein Chef hat mir hiefür leider ein Budget gesetzt“, „Ich muss das nochmal mit meiner Frau/Freundin bereden“ „ Ich würde ja die 8.000€ bezahlen, aber mein Supervisor geht nur bis maximal 6500€ mit.“
- Du bekommst einen plötzlichen Anruf in der Verhandlung. Zufälligerweise ist das der Mitbewerber der gerade sein Angebot um 5% korrigiert hat.
- Setze dich auf einen höheren Stuhl. Mache klar, dass du nur ein Zeitfenster von 30 Minuten zur Verfügung hast. Kleide dich professionell.
Nach der Verhandlung
Achte auf eine gute Umsetzung des Vertrages, aber vorallem: Halte die gute Beziehung zu deinem Gegenüber aufrecht! Auch wenn der Vertrag unterzeichnet ist, kann noch viel schief gehen. Mündliche Zugeständnisse und Kooperation sind Schlüsselfaktoren bei der zufriedenstellenden Abwicklung des Deals.
“Es ist Unsinn, Türen zuzuschlagen, wenn man sie angelehnt lassen kann.“ – J.William Fulbright
Autor:
Tim M. Liebler, University of Twente
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